Freitag, 20. Juli 2012

Nicht direkt das Ende der Welt, nein

Ich habe kalte Füße, als ich das erste Mal wach werde, aber das ist nicht der primäre Grund für das Ende meines Schlafes. Es ist Mama, aber wie gesagt, es ist das erste Mal, dass ich aufwache. Also ignoriere ich sie und schlafe nochmal kurz ein. Als ich dann letztendlich richtig aufwache kann noch nicht allzu viel Zeit vergangen sein, ich bin nämlich, neben Mama natürlich, die erste, die wach ist. Ich ziehe mich also an, und es ist Jony's Stimme, die mich aus den monotonen, tranceartigen Bewegungen reißt. "Auf welche Uhr hast du denn geguckt?!" ist der Satz, der aus seinem Bett schallmait. Sie hatte auf die Laptopuhr geschaut, welche, wer kann es erraten?, nach deutscher Zeit lief. Wir waren also nicht, wie angenommen um 8:00 Uhr, sondern um Punkt 7:00 Uhr auf den Beinen. Es kamen noch einige gemrumelte Beschwerden, aber die werden ja, wenn nicht in dreifacher Ausführung auf dem grünen Formular eingereicht, in unserer Familie gar nicht weiter zur Kenntnis genommen.
Mama und ich sind, anders als Jony und Chenoa, welche sich zu dieser Zeit unter der Decke in einem Bett befinden, mittlerweile wach genug um Frühstück zu machen, und tun das auch gleich. Euch wird vielleicht aufgefallen sein, dass das meisten der Fall ist. Das Mama und ich Frühstück machen meine ich. Und das wird auch den Rest des Urlaubs so bleiben, denke ich, nur, falls sich jetzt einer gewundert haben sollte...
Die Schülergruppe ist auch schon auf den Beinen, sie wollen wohl früh weg und müssen sich noch Lunchpakete machen. Zum Glück haben sie es noch nicht geschafft, Frühstück zu machen, und so Hahn wir die Küche für uns und ergattern auch noch einen der vier Tische im Wohn- und Essbereich. Gerade als wir sitzen, entschließt sich aber der Pulk, die Küche in Beschlag zu nehmen, und somit ist unser Frühstück von vielen "Sorry"s und "execuse me"s unterbrochen. Es ist nämlich eine offene Küche und es ist auch sonst nicht gerade viel Platz. Aber das alles ist nicht weiter schlimm, gemütlich wird es beim Essen sowieso nie, dafür sorgt Chenoa.
Mama und ich machen den Abwasch, während Die andern in Zimmer gehen und ihre Habseligkeiten zusammenpacken. Als wir dann alles gepackt haben und das Essen verstaut ist, machen wir uns auf den Weg. Oder besser gesagt auf den Pfad. Denn dort wo wir hergekommen sind, müssen wir auch wieder zurück. Nicht, dass wir ein Wahl gehabt hätten, es gibt schließlich nur diesen einen Weg.
Wir kommen aber ohne Schwierigkeiten in Tintagel an, stellen den Wagen auf einen Parkplatz und machen uns auf den Weg in die Stadt.
Die Innenstadt scheint aber, genauso wie in Cheddar, ein wenig ausgestorben. Es ist natürlich auch dasselbe Problem wie in Cheddar, wir sind einfach zu früh für unsere eigentlichen Anlaufpunkte: Das Old Postoffice und die Hallen von King Arthur. Einige Läden haben aber bereits geöffnet und wir vertreiben uns die wenigen verbleibenden Minuten in einem Keltischen Souvenierladen. Nicht IRGENDEIN Keltischer Souvenierladen natürlich, nein es ist der Heimatort von Mamas Ring, und wir finden auch dieses Mal ein Jojo und einen Schlüsselanhänger für Chenoa und Mama.
Dann ist die Zeit gekommen und wir gehen die Straße hinunter zum Old Postoffice, was eigentlich nie wirklich eins war, und auch überhaupt recht wenig mit Post, sondern eher mit dem damaligen Wohnen zu tun hat. Es ist aber trotzdem, oder eher gerade deshalb, sehr interessant und außerdem die erste Gelegenheit, unsere National Trust Karte zu verwenden. Das Wetter scheint es gut mit uns zu meinen, denn wir bekommen ein bisschen Sonne ab, als wir im Backyard des Hauses sitzen und verschnaufen. Als wir dann alles gesehen haben, was nicht wirklich lange dauert (damals hatte man schließlich kein Geld für große Prunkbauten mit unnützen Zimmern), gehen wir die selbe Straße wieder hinauf zur Halle von King Arthur. Ich gebe zu, ganz so direkt sind wir da nicht hingekommen, aber nach einer Haifischzahnkette für Jony und einem Paar Gummistiefel für Chenoa, übrigens nicht beide im selben Laden gekauft, geht es dann doch durch die Türen zur erhofften Halle. Sie ist sehr klein, menschenleer, wirkt modern und eher wie ein Giftshop den es nach solchen Attr- oh, das ist die Eingangshalle mit Giftshop...alles klar. Also warten wir dort einfach eine Weile, es ist schließlich noch keiner da, um uns unser vieles Geld abzunehmen; ich finde ein sehr passendes Mibringsel für Nisi (keine Vorfreude an dieser Stelle, so toll ist es nun auch wieder nicht :D ) und nehme mir fest vor, es auch zu kaufen, falls hier jemand kommen sollte. Es kommt dann tatsächlich jemand. Ein älterer, freundlicher Mann kassiert uns ab und führt ums in die erste Halle, wo wir eine private Lightshow bekommen, weil wir die ersten und einzigen Besucher sind.
Vielleicht fragt ihr euch, was es denn da so zu sehen gab, der gute Arthi war schließlich nur eine Legende. Es waren nachgebaute Stücke aus der Legende, wie zum Beispiel Schwerter und Wappen der einzelnen Ritter und natürlich auch die berühmt berüchtigte Tafel. Diese war, so wie der dazugehörige Thron, aus cornischem Mamor gefertigt und zum Anfassen. Es wundert mich schon, dass die damals nicht andauernd eine Blasenentzündung hatten, der Thron war nämlich ziemlich kalt.
Das "Museum" war schön, aber kurz und deshalb haben wir danach noch Zeit für einen kleinen Laden, in dem wir aber nichts kaufen.
Dann geht es ins Auto und auf zu unserem ersten längeren Aufenthalt: Land's End.
Doch vorher geht es noch in die Stadt auf dem Berg, die Stadt mit dem schiefen Parkplatz (Bild 1), die Stadt der Portemonaies, natürlich: St. Ives.
Wir stellen uns also auf besagten Parkplatz, ziehen ein Ticket und beginnen die Bergwanderung hinunter ins Stadtzentrum. Nach dem wir keuchend am Fuße des Berges ankommen, beschließen wir als erste Maßnahme, dass wir für den Aufstieg den dafür vorgesehenen Bus nehmen. Der erste von vielen Läden hat einbisschen was vom deutschen Nanunana, ist aber englischer. Als nächstes gibt es das cornische Nationalgericht: Cornisch Pasties! Also, nicht für mich natürlich, aber für Jony und Mama :d
Dann geht es weiter in den Lederladen. Nein, da gibt es nichts versautes, sondern einfache Ledertaschen und Portemonaies. Dieser Laden ist das Hauptziel des heutigen Tages, zumindest für Mama, denn seit dem Verlust ihrer eigenen Geldaufbewahrungsmöglichkeit war sie scharf auf eine neue. Der Laden ist klein und so dauert es nicht lange, um festzustellen, dass sie wohl den Hersteller ihrer Geldbörsen rituell verbrannt oder zumindest gefeuert haben (haha, kleiner Scherz am Rande). Wir kaufen also keins von den exorbitant hässlichen oder schlicht unpraktischen Portemonaies und gehen, noch voller Hoffnung, weiter die Einkaufsstraße hinunter. Bald schon kommen wir in einem zweiten und dritten Laden an, einer davon wird später noch finanziell von uns unterstützt, durch den Kauf einer kleinen Handtasche/Portemonaies.
Als es dann endlich wieder regnet, was ja bekanntermaßen ein unheimlich rares Naturschauspiel in England ist, stellen wir Naturbanausen uns in einem Spielzeugladen unter und kaufen, nach gefühlten 3 Stunden, ein kleines Spielset für Chenoa. Der Regen hört auf und wir brechen auf zur kleinen Hafenbucht. Erinnerungen kommen auf, als wir an der Stelle auf dem "Strand" ankommen, wo die Möwe Casi in den Schuh gemacht hat, aber es ist weder genug Casi, noch genug Sonne da, um das nachzuempfinden. Also sammeln wir stattdessen ein paar Muscheln und dann sondert sich Jony von uns ab, um einen Cache zu heben. Wir gehen dann alleine die Hauptstraße wieder zurück, diesmal also aufwärts, und werden dabei von einem Straßensänger mit "streets of London" (wie unpassend, in St. Ives).
Dann gehen wir in den Laden um das vorher bereits angedeutete Portemonaie zu kaufen. Nach einem Buchladen, in dem ich viele meiner Lieblingsbücher in ihrer Originalsprache finde, aber keins kaufe, finden wir uns endlich am Treffpunkt wieder, wo auch schon Jony wartet.
Wir gehen gemeinsam zum Bus, steigen mit dem üblichen "hello" ein und bezahlen. Wir sind die ersten in Bus und als wir und niederlassen, kommt sächsisches Gelaber durch die Bustür geschwebt. Wir schrecken hoch und erhalten mit einem geglucktsen "Grüß Gott!", welches dem Busfahrer galt, Gewissheit. Eine deutsche Rentnerreisegruppe! Und damit nicht genug! Zu unserem Grauen antwortet der Busfahrer auch noch auf deutsch und wir erfahren unfreiwillig, dass er ein ursprünglicher Bazi ist. Na toll! Wir sitzen also mit alten Touris fest, und es schallen Dinge wie " Joa also das war schon sehr schön" oder " Ich hätte nicht gedacht, dass die Engländer so guten Tee machen" durch das Gefährt. Die richtigen Spezis also. Zum Glück ist die Fahrt kurz und wir sind schnell wieder aus der wabernden Heimatsprache geflüchtet. Nicht, dass ich deutsch schlecht finde, aber das gehört nich auf diese Insel! Es ist schon schlimm genug, dass ich hier deutsch spreche, aber wie machen wir den Briten klar, dass wir nicht alle so sind wie diese wandernden, lautstarken Wunderblumen? Naja, erstmal raus aus dem Bus laufen wir das kleine Stück zu unserem Auto und es geht nun wirklich los nach Land's End.
Die Fahrt verläuft verhältnismäßig ereignislos, es kommen natürlich wieder Autos entgegen, was auf diesen Straßen nie gut ist, aber wie man sieht leben wir noch. Wir kommen also an, und weil Jony so müde ist, legt er sich erstmal in unser Zimmer und so essen wir alleine zu Abend. Die Vorbereitung dazu spielt sich in der Küche ab und ich muss an mich halten, um nicht zu weinen. Die Küche, die immer wieder in meinen Träumen auftauchte, die Küche, die immer mein erstes Bild zu England sein wird, und ich stehe jetzt einfach so drin. Mir wird mit voller Wucht bewusst, dass ich seit vier Jahren herumphantasieren nun endlich dort stehe, und es ist schöner als in jeder Erinnerung.
Ich muss ein paar Minuten mit verblödetem Grinsen dort gestanden haben, denn ein mitleidig lächelnder Engländer reißt mich mit seinem "Sorry" aus den Gedanken. Ja, sorry indeed, denke ich mir, sage ich aber nicht, ich bin ja schließlich höflich.
Es gibt eine seltsame Mischung aus Kirschen und Reis, nicht beides zusammen aber dennoch nicht ganz das, was man sich unter Abendbrot vorstellt. Wir sitzen draußen und trotz des zunehmenden Windes genießen wir einige Minuten die malerische Landschaft (Bild 2), bevor wir abräumen und uns fertig machen, um näher heran zu kommen. Jony lassen wir wo er ist, er scheint fest zu schlafen, und gehen zu dritt den matschigen, überwucherten Weg zur Ozeanküste hinunter. Unten angekommen, lassen wie Chenoas Drachen steigen und bekommen so zwei Minuten, um in Ruhe den Sonnenuntergang anzusehen. Chenoa stört noch so ganz nebenbei ein Pärchen hinter ihrem Van beim romantischen Date, so nach dem Motto "Sonnenuntergang-Törö" (beim vorlesen darf jetzt gerne nochmal die Anekdote erzählt werden).
Wir kletter kurz auf die Felsen, aber Mama ist, mal wieder völlig unbegründet, unwohl zu Mute, auf den Teilen eines frischen Steinabbruches zu sitzen und sie deutet dabei auf die Stein- und Sandwand (Bild 3) hinter uns. Manchmal verstehe ich diese Frau nicht :D.
Beim Weg die Steine hoch stören wir das Pärchen nochmal kurz, diesmal mache ich ein leises Auto-Brumm-Geräusch, bin mir aber nicht sicher, ob sie es hören. Der Weg zur Jugendherberge ist schwieriger, Chenoa hat nämlich keine Lust mehr und ich helfe mit dem Spiel "mein Tier ist..." gegen Langeweile. Das Prinzip scheint bei ihr noch lückenhaft zu sein, denn es kommen Tiere wie Babyelefant und Babykatze, bei denen sie auf keinen Fall Elefant oder Katze gelten lassen kann. Zurück im Häuschen, fallen die anderen ins Bett, ich muss allerdings gezwungenermaßen noch wachbleiben, ich muss noch Blog schreiben :D
Doch schlussendlich geht auch für mich ein ereignisreichen Tag zu Ende.

Grüße an Omi, Casi und Sandra und natürlich auch an meine Freunde, falls das einer liest.
Ps.: Ein Feedback wäre nett, mehr hiervon, weniger davon, oder einfach ein kurzer Kommentar wird immer begrüßt.
Pps.: Casi, wie geht's den Tomaten? :D

2 Kommentare:

  1. Hi Schwesterchen,
    erstmal : den Tomaten geht es nach den beiden Unwettern nicht so blendend.
    Dann : Du schreibst super. Lustig, detailiert und bildlich. Als wäre man dabei^^
    Von Omi an dieser Stelle auch noch ein dickes Lob, und die Anregung, dass du doch mal etwas veröffentlichen solltest. Viele Schriftsteller und Hobby Autoren haben mit Reiseberichten angefangen. Ist dann auch ein Grund viel unterwegs zu sein;-) Könntest du vielleicht noch die Daten und/oder Tage angeben von denen du schreibst?
    Und wenn du das nächstemal WLAN Zugang hast dann schmeiß doch mal den Photostream an, od macht du mit dem iPod garkeine Bilder?

    Schreib auf jeden Fall fleißig weiter, denn wir alle (Omi, Sandra, Ich und meine Kommelitonen) warten jeden Tag gespannt auf UPDATES. Du weißt wie man sagt:" Nebel über dem Kanal, das Festland ist abgeschnitten. "

    Bis dann und einenschöne Reise noch!!!

    Carsten

    P.S.: macht euer telephone bitte an !!!

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  2. Hey!

    Also ich find deine Beiträge immer so spannend!
    Gut, dass ich heute beim Lesen deines letzten Beitrages daheim war. Hätte in der Bahn sicher ordentlich schiefe Blicke ernten müssen so oft wie ich gelacht hab!

    Deine Berichte laden wirklich immer mehr zu einem Besuch in England ein.

    Carsten hat sich auch schon beschwerrt dass er nich mit durfte :D

    Weiterhin viel Spaß und hoffentlich gutes Wetter!

    Liebe Grüße aus Bärlin

    Jenny

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